Wahl 2009, Teil 1: Intelligenz unter Schafen
- Christoph
- 27. Sept. 2019
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Bei der Kommunalwahl im Jahr 2009 hat die Willicher CDU 58,3 Prozent der Stimmen erhalten. Der Bürgermeister wird mit 83,5 Prozent wiedergewählt. Die besten Ergebnisse in der Geschichte der Stadt. Den dazugehörigen Wahlkampf habe ich geplant, organisiert und verantwortet. Meine erste richtige Kampagne. Das ist ihre Geschichte:
Es ist das Oktoberfest der Schiefbahner Schützenbruderschaft 2009 auf dem ich das erste Mal wieder länger mit Alexander Oerschkes rede. Als Wahlkampfleiter der CDU spricht man naturgemäß selten mit dem Bürgermeisterkandidaten der Gegenseite. Dabei haben wir uns im Umweltausschuss, dem wir beide angehören, immer gut verstanden.
Alexander ist noch immer gezeichnet von seiner krachenden Niederlage. Er hat bei der Kommunalwahl am 30. August eines der schlechtesten SPD-Ergebnisse in NRW erzielt. Leid tut er mir deshalb nicht unbedingt, denn als Kandidat weiß man ja, worauf man sich einlässt.
Aber was er mir dann berichtet, erschüttert mich doch. Er erzählt mir, wie seine Genossen ihn – der nicht einmal im Stadtrat saß – zu einer Kandidatur überredet haben. „Du musst es machen!“, „Endlich mal ein Handwerker!“, „Die Partei braucht Dich!“ – der ganze Quark.
Sein Fehler: Er lässt sich verpflichten. Als Bäcker stellt er jedem der 24 Ratskandidaten die Brötchen, die als Wahlempfehlung verteilt werden. Natürlich unbezahlt. Er verbringt viel Zeit bei Infoständen und Versammlungen anstatt in der Backstube. Applaus, Fotos und Schulterklopfer inklusive.
Als die Wahl gelaufen ist, bleibt davon nichts. Plötzlich wird er für die historische Niederlage der SPD - die im Schatten der Bürgermeisterkampagne auch noch drei ihrer ohnehin nur zwölf Ratsmandate verliert – verantwortlich gemacht. Alleine.
Die Kampagne sei falsch geplant worden, er sei eine Fehlbesetzung gewesen und habe sich gegen besseres Wissen in das Amt des Spitzenkandidaten gedrängt. Dies werfen ihm jetzt genau die vor, die trotz jahrzehntelanger Erfahrung weder den Schneid hatten, sich der Partei selbst zur Verfügung zu stellen, noch die Kraft, einen anderen Weg zu weisen.
Dankbarkeit sei in der Politik so verbreitet wie Intelligenz unter Schafen, hat Markus Fliege in einem seiner Leitartikel in den Willicher Nachrichten einmal geschrieben. Er hatte Recht.
Mir rutscht das Herz in die Hose: Zum ersten Mal denke ich daran, was wohl geschehen wäre, wenn die Wahl für uns verloren gegangen wäre. Man hätte mir meine Ideen um die Ohren gehauen.
Stattdessen erreicht mich kurz nach der Wahl eine ganz andere Beschwerde. Ein CDU-Ratsmitglied ist beleidigt, da der Bürgermeister sich noch nicht persönlich für das tolle Wahlergebnis, für das er in seinem Wahlkreis gesorgt habe, bedankt hat. Den Gedanken, dass vielmehr er – der etwa 60 Prozent erreichte (+2 Prozent)– vom Wahlkampf des Bürgermeister – der in diesem Wahlkreis etwa 88 Prozent (+12 Prozent) erhielt – profitiert hat, empfindet er als unverschämt.
Aber so ist Politik. Man gewinnt gemeinsam und verliert alleine. In diesem Wahlkampf wusste ich das noch nicht. Ich war jung und mutig wie nie. Was für herrliche Zeiten.
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